Für ein Arbeitsverhältnis gelten häufig sog. Ausschlussfristen. Unterhalb der Verjährungsgrenze müssen die Vertragsparteien ihre Ansprüche innerhalb dieser Frist geltend machen. Ausschlussfristen können arbeitsvertraglich vereinbart oder über einen Tarifvertrag anwendbar sein.
Man unterscheidet zwischen ein- und zweistufigen Ausschlussfristen. Bei einer einstufigen Ausschlussfrist bzw. auf der ersten Stufe einer zweistufigen Ausschlussfrist muss der Gläubiger seinen
Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb der vorgesehenen Frist (z. B. innerhalb von sechs Monaten) gegenüber der anderen Seite schriftlich formulieren. Bei der zweistufigen Ausschlussfrist
ist dann, wenn die Geltendmachung des Anspruchs auf der ersten Stufe erfolglos blieb, dieser innerhalb einer weiteren Frist gerichtlich zu verfolgen (d. h. Klage zu erheben).
Das BAG hatte jüngst (Urteil vom 16.03.2016 – 4 AZR 421/15 – Pressemitteilung-Nr. 12/16) – einmal wieder – über den Fall zu entscheiden, dass ein Arbeitnehmer Entgeltansprüche „auf der ersten
Stufe“ geltend machte, indem er, ohne sich vorher schriftlich an den Arbeitgeber gewendet zu haben, beim ArbG Klage einreichte. Der innerhalb der laufenden Ausschlussfrist beim Gericht
eingegangene Klageschriftsatz wurde dem Arbeitgeber erst zugestellt, nachdem die Ausschlussfrist abgelaufen war. Der beklagte Arbeitgeber berief sich auf § 37 des Tarifvertrages für den
öffentlichen Dienst der Länder (TV-L), wonach für die schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis gegenüber dem Vertragspartner eine Ausschlussfrist von sechs Monaten
läuft.
Die Vorinstanzen haben der Klage – erstaunlicherweise – stattgegeben (zuletzt LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29.04.2015 – 23 Sa 232/15). Die hiergegen gerichtete Revision des beklagten Landes
war erfolgreich. Der Vierte Senat des BAG konstatierte – an die bisherige Rechtsprechung anschließend –, dass der Gläubiger einer Forderung sich die (verlorene) Zeit, die die – nicht notwendige –
Inanspruchnahme des ArbG gekostet hat, selbst zuzurechnen hat. § 167 ZPO sei im Entscheidungsfall nicht anwendbar. (Diese Vorschrift bestimmt, dass, wenn durch die Zustellung eines Antrags oder
einer Erklärung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder gehemmt werden soll, die Wirkung schon mit Eingang des Antrags oder der Erklärung eintritt, wenn die Zustellung
demnächst erfolgt.) Das BAG bestätigt, dass § 167 ZPO nicht anwendbar ist, wenn eine einfache Ausschlussfrist außergerichtlich gewahrt werden soll.
Fazit: „Schriftlich“ muss nicht „schriftsätzlich“ sein; der Weg über das ArbG kann wegen dem Zeitverlust zum Rechtsverlust führen.
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