Der mitbestimmte Aufsichtsrat – erhalten die Arbeitnehmervertreter ihr arbeitsvertragliches Entgelt, wenn sie für den Aufsichtsrat tätig sind?

Eine Aktiengesellschaft muss zwingend einen Aufsichtsrat errichten. Bei der GmbH (die Darstellung beschränkt sich hier auf diese zwei Kapitalgesellschaften) besteht die Möglichkeit (fakultativer Aufsichtsrat), die Verpflichtung nur dann, wenn das Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG) oder das Mitbestimmungsgesetz (MitbestG) anwendbar sind,


Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG muss der Aufsichtsrat einer GmbH mit i. d. R. mehr als 500 Arbeitnehmern mitbestimmt sein; dasselbe gilt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 DrittelbG für die AG. Er muss zu einem Drittel aus Arbeitnehmervertretern bestehen, § 4 Abs. 1 DrittelbG. Das MitbestG ist anwendbar, wenn eine AG oder GmbH i. d. R. mehr als 2.000 Arbeitnehmer beschäftigt. Nach § 7 Abs. 1 MitbestG ist der Aufsichtsrat dann paritätisch zu besetzen.


Damit gibt es nicht nur die Mitbestimmung nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG), sondern auch eine unternehmerische Mitbestimmung.


Wenn sich ein Arbeitnehmervertreter seiner Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied widmet, kann er nicht gleichzeitig die Verpflichtungen erfüllen, die ihm arbeitsvertraglich auferlegt sind. Somit stellt sich die Frage, ob der Arbeitnehmer einen Entgelt(fortzahlungs)anspruch hat, wenn er in seiner Arbeitszeit Aufsichtsratspflichten erfüllt.


Unstreitig leistet der Arbeitnehmervertreter keine Arbeit im Sinne seines Arbeitsvertrags, wenn er als Aufsichtsratsmitglied tätig ist. Die Aufsichtsratstätigkeit geht auf ein vom Arbeitsverhältnis eigenständiges Rechtsverhältnis zurück. Gibt es aber dennoch einen Entgeltanspruch, weil ausnahmsweise  „Lohn ohne Arbeit“ geschuldet ist?
Ein Anspruch aus § 611 Abs. 1 BGB scheidet nach dem Gesagten aus. Ebenso wenig kommt § 615 BGB als Anspruchsgrundlage in Betracht, weil der Grund für die Arbeitsfreistellung nicht aus der Sphäre des Arbeitgebers stammt. Das Gesetz sieht für diesen Fall auch keinen Entgeltfortzahlungsanspruch (wie bei Arbeitsunfähigkeit, Feiertag u. a.) vor. Eine höchstrichterliche Entscheidung liegt zu der Frage – soweit ersichtlich – nicht vor. Zum Teil wird dennoch die Auffassung vertreten, der Arbeitgeber müsse den Arbeitnehmer so vergüten, als hätte dieser seine Arbeitsleistung erbracht (Entgeltfortzahlung). Damit steht hier eine grundsätzliche Rechtsfrage im Raum – mag sie sich auch wirtschaftlich dadurch relativieren, dass das Aufsichtsratsmitglied – aber eben als solches – für seine Aufsichtsratstätigkeit eine Vergütung erhält. Im Zusammenhang mit dem diskutierten Entgeltfortzahlungsanspruch des Arbeitnehmervertreters stehen auch andere Rechtsfragen (wie ist der Gestaltungsspielraum, wenn der Arbeitnehmervertreter zugleich Betriebsratsratsmitglied ist? In welchem Verhältnis stehen die Vertreter der Arbeitnehmer und die der Kapitalseite im Aufsichtsrat rechtlich?).


Falls Sie hierzu Fragen haben, stehen wir gerne zur Verfügung.