Es wird immer wieder angenommen, ein lange bestehendes Arbeitsverhältnis – z. B. über zehn Jahre oder gar ein Vierteljahrhundert hinaus –, sei nicht „mehr kündbar“. Das Gesetz sagt das freilich nicht. Der Aspekt wird aber womöglich bei der Frage auftauchen, ob die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, § 626 Abs. 1 BGB. Vor allem aber schließt die nach § 626 Abs. 1 BGB erforderliche „Abwägung der Interessen beider Vertragsteile“ ein, zugunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, wenn sich dieser im Zeitpunkt der beabsichtigten Kündigung auf ein lange bestehendes und unbelastetes Arbeitsverhältnis berufen kann. Dass es Grenzen einer wohlwollenden Abwägung gibt, zeigt ein neues Urteil des LAG Düsseldorf
(Urteil vom 22.12.2015 – 13 Sa 957/15):
Ein schwerbehinderter Mitarbeiter verlor auf einer Karnevalsfeier, die – soweit ersichtlich – betrieblich veranlasst war, die Contenance und körperverletzte einen Kollegen, indem er ihm ein
Bierglas ins Gesicht stieß. Die Rechtsanwältin des zu diesem Ereignis als Mafiagangster verkleideten Mitarbeiters verteidigte das Verhalten damit, dass er eine Angststörung hatte. Zwei Närrinnen
hatten versucht, dem Mitarbeiter seine Krawatte abzuschneiden. Nachdem ihm danach auch noch ein Clown bedrängt hatte, sei die Stimmung gekippt.
Dem LAG Düsseldorf genügte – in Bestätigung des Urteils des ArbG Düsseldorf vom 31.07.2015 (11 Ca 1836/15) – der Gewaltausbruch, um die fristlose Kündigung des Arbeitgebers als rechtswirksam
anzusehen. Die Revision ist nicht zugelassen.