Änderungen der Arbeitsbedingungen und Massenentlassungen

Der EuGH (Urteil vom 11.11.2015 – C – 422/14 – Pujante Rivera) hat sich auf Vorlage des Arbeitsgerichts in Barcelona u.a. dazu geäußert, ob eine erhebliche Änderung des Arbeitsvertrags eine Entlassung i. S. d. Massenentlassungsrichtlinie darstellt. U. E. sind die Ausführungen des EuGH hierzu „überschießend“: Das vorlegende spanische Gericht hatte gefragt, ob eine durch den Arbeitgeber veranlasste Vertragsbeendigung als „Entlassung“ i. S. d. Richtlinie anzusehen ist, wobei es in dem spanischen Ausgangssachverhalt darum ging, dass eine Arbeitnehmerin mit einer Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses einverstanden war, nachdem ihr Arbeitgeber die Arbeitsvertragsbedingungen erheblich abgeändert hatte. Hintergrund ist (auch), dass das spanische Recht für diesen Fall einen Abfindungsanspruch für Arbeitnehmer vorsieht.


Der EuGH beantwortet nun die – u. E. nicht gestellte – Frage positiv, ob auch die wesentliche Veränderung von Vertragsbedingungen eine „Entlassung“ darstellt. Offenbar wird die Frage unabhängig davon beantwortet, ob es tatsächlich zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt.


Nun ist im deutschen Recht anerkannt, dass Änderungskündigungen unter dem Begriff „Entlassung“ (§ 17 KSchG) zu subsumieren sind. Auch hier steht im relevanten Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung nicht fest, dass das Arbeitsverhältnis endet. Allerdings trägt eine Änderungskündigung immer schon das Element der Beendigungskündigung in sich. Hier könnte ein Unterschied zu dem vom EuGH entschiedenen Fall liegen. Jedenfalls lässt sich feststellen, dass die europäische Entscheidung den Begriff „Entlassung“ sehr weit auslegt.


Für das deutsche Recht ist das Urteil des EuGH jedenfalls in dem Punkt, der sich mit der erheblichen Veränderung von Arbeitsbedingungen beschäftigt, nicht virulent. Da das einseitige Abändern von Arbeitsbedingungen im ansonsten unveränderten Arbeitsverhältnis rechtlich nicht möglich, insbesondere nicht vom Weisungsrecht des Arbeitgebers gedeckt ist, kommt man zwangsläufig zu einer Änderungskündigung. Diese ist – wie gesagt – auf jeden Fall „Entlassung“ i. S. d. § 17 KSchG.